05.12.23

Gipfel für bidirektionales Laden: Einigkeit über Stromnetz von morgen

Bidirektionales Laden ist ein wichtiger Baustein der Energiewende. Dabei werden die leistungsfähigen Batterien in Elektrofahrzeugen zu einer gigantischen „Power-Bank“ für das ganze Land: Sie können unser Stromnetz stabilisieren und sauberen Strom zwischenspeichern. Noch ist die flächendeckende Einführung Zukunftsmusik, doch es wird intensiv an einer möglichst schnellen Umsetzung gearbeitet. Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck hat letzte Woche mehrere Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik europäischer Länder nach Berlin eingeladen, um über Chancen und Perspektiven des bidirektionalen Ladens zu diskutieren. Dabei stieß man auf viel Einigkeit. 

Was genau ist bidirektionales Laden? 

Elektroautos, die zu bidirektionalem Laden fähig sind, können Energie nicht nur in den Hochvoltakku laden, sondern auch wieder entladen. Für hohe Leistung und Kapazität ausgelegt bietet ein Elektroauto-Akku einen idealen Energiespeicher auch für Anwendungen abseits der Straße. 
Eine dieser Anwendungen wird der Pufferspeicher sein. Immer häufiger gibt es in Deutschland Tage, an denen die Produktion erneuerbarer Energien so hoch ist, dass sie nicht mehr verbraucht werden kann. Windräder müssen abgeschaltet, PV-Anlagen gedrosselt werden. Um dieses stetig steigende Energiepotential nicht zu verschwenden, werden Speicher gebraucht, die in solchen Momenten Überschussenergie aufnehmen können. Auf der anderen Seite gibt es Tage, an denen die Wetterverhältnisse kaum Produktion der Erneuerbaren zulassen. Das ist der Moment, in dem die „Power-Bank“ ihre Energie wieder abgibt. Perspektivisch ist so auch bei geringer Produktion der Erneuerbaren eine Energieversorgung auf Ökostrombasis möglich. 

Bidirektionales Laden "light" schon heute möglich

Die ersten Schritte auf Seiten der Autohersteller sind bereits getan: Immer mehr moderne Elektroautos verfügen über eine sogenannte "Vehicle to Load" Schnittstelle. Damit kann das Elektroauto bereits Energie abgeben, wenn auch nur in kleinerem Maße über eine im Fahrzeug integrierte 230V-Steckdose. Allerdings ist diese Funktionalität noch komplett vom öffentlichen Stromnetz entkoppelt, was sie deutlich simpler macht. Ein nächster Schritt könnte "Vehicle to Home" (V2H) sein, bei dem das lokale Hausnetz zeitweise über den Batteriespeicher eines Elektroautos versorgt werden kann. Am Ende steht das Ziel, auch über das lokale Netz hinaus in das öffentliche Stromnetz einspeisen zu können, dann spricht man von "Vehicle to Grid". Dies eröffnet nicht zuletzt auch wirtschaftliche Möglichkeiten, wenn zum Beispiel PV-Anlagenbesitzer tagsüber im Auto gespeicherte Energie nachts gegen eine Einspeisevergütung wieder abgeben können.

Mehr Tempo bei der Umsetzung 

Der Abbau technischer, rechtlicher und organisatorischer Hemmnisse soll das bidirektionale Laden so schnell es geht möglich machen – darüber sind sich die rund drei Dutzend Gäste von Robert Habeck zu Beginn letzter Woche einig. Es soll ein gemeinsamer rechtlicher und regulatorischer Rahmen entwickelt werden, der Hemmnisse wie Steuern, Ablagen und Umlagen abwehrt. In der Industrie sollen europäische Normen und Standards für das bidirektionale Laden entwickelt werden. 

Konkrete Vorhaben 

Die effektive Implementierung des bidirektionalen Ladens erfordert die Nutzung verschiedener relevanter Energie- und Fahrzeugdaten. Hierzu zählen Informationen über den Zustand des Stromnetzes sowie die verfügbare Kapazität der Fahrzeugbatterie in Kilowattstunden für die Rückeinspeisung von Strom ins Netz. Aktuell wird auf europäischer Ebene bereits in verschiedenen Arbeitsprozessen darauf hingearbeitet, solche Daten einheitlich bereitzustellen. Ein Beispiel dafür ist die neu eingeführte EU-Verordnung über Batterien. Dennoch sind weitere Fortschritte notwendig, insbesondere in Bezug auf die Harmonisierung und Sicherheit, beispielsweise im Bereich des Daten- und Netzzugangs sowie im Hinblick auf Datenschutzaspekte.

Bild: Hyundai